Umweltaktivistin, Globalisierungskritikerin, Ökofeministin, Saatgut-Retterin, Wissenschaftlerin, Agrarökologin, Verteidigerin von
Menschenrechten, Gentechnik-Gegnerin, Hüterin von Mutter Erde. Es gibt viele Bezeichnungen für Vandana Shiva, und doch werden alle
zusammen nicht dem Umfang ihres Lebenswerks gerecht.
Mit Navdanya gründete sie eine Bewegung, der Hunderttausende Menschen in Indien folgen. Mit ihrem Kampf gegen die Agrarindustrie erreicht
sie Millionen auf dem ganzen Erdball und als Monsantos schlimmsten Albtraum gefürchtet.
Zitat: Wenn sie einem Bakterium ein Gen entnehmen und es in ein Samenkorn einsetzen,können sie das nicht Leben nennen.
Sie haben kein Leben kreiert,sondern es lediglich verschmutzt.
Wie der Titel bereits verlauten lässt, ist ihre Antwort darauf ist ein klares Ja - wir können es
besser und müssen es auch, denn nichts Geringeres als unsere Zukunft hängt davon ab. Es ist
möglich, das herrschende Paradigma einer auf ewigem Wachstum basierender Wirtschaft zu
verlassen, einem System, das nur extrahiert, quantifiziert und kommerzialisiert, dabei aber
weder soziale Aspekte respektiert, noch für einen ausgeglichenen Haushalt mit der Natur sorgt.
Das derzeitige Wirtschaftsmodell ist nicht nachhaltig. Man kann nicht vernünftig wirtschaften,
wenn man nur herausnimmt und die Substanz nicht erhält. Wirtschaft sollte kein Selbstzweck
sein, der lediglich der Bereicherung Einzelner dient, sondern vielmehr dem gesellschaftlichen
Zusammenleben und einer gerechten Verteilung der Naturgüter.
Im Buch unterscheidet die Autorin daher auch ganz deutlich zwischen Ökonomie - Oikonomia
auf altgriechisch, der Lehre vom Haushalten (Oikos = Haus, Haushalt) - und dem von
Aristoteles geprägten Begriff Chrematistik - der Kunst des Geldmachens, der Anhäufung von
Reichtum, Kapitalakkumulation.
Das Virus der Gier hat unsere Wirtschaft ergriffen, geformt und genährt durch Kolonialismus,
Extraktivismus, Globalisierung und Freihandel der Konzerne. Gemeingüter wie Land, Wasser oder
auch Saatgut wurden privatisiert und patentiert und daraus hohe Gewinne geschlagen, ohne
Rücksicht auf ökologische Grenzen. Die Spur der Zerstörung, die der Kapitalismus auf unserem
Planeten hinterlässt, ist inzwischen unübersehbar.
Die Fiktion von Egoismus und die falsche Annahme, dass Gier und Wettbewerb zur menschlichen
Natur gehören, haben dazu geführt, dass wir den wahren Sinn vom Haushalten aus den Augen
verloren haben. Viele der heutzutage gebrauchten ökonomischen Parameter werden der Realität
nicht gerecht. Sie konzentrieren sich ausschließlich auf das, was in finanziellen Maßstäben
messbar ist.
Modelle und Strukturen wie Tauschwirtschaft, Selbstversorger-Gemeinschaften oder auch
unbezahlte Arbeit wie die Betreuung von Kindern, die Versorgung und Pflege von Kranken und
Alten und ehrenamtliche Sozialarbeit – sogenannte Care-Arbeit -, werden dabei außen
vorgelassen.
Dass unbezahlte Care-Leistungen rund 50% der gesellschaftlich notwendigen Arbeit ausmachen,
ist inzwischen durch umfangreiche Studien nachgewiesen (siehe auch Essay Wirtschaft ist
Care, Heinrich-Böll-Stiftung). Doch im Bruttoinlandsprodukt, das zum dominierenden Konzept
unserer Zeit geworden ist und an dem der Wohlstand ganzer Nationen gemessen wird, tauchen
sie nicht auf.
Aber auch die ursprünglichen Bedeutungen wirtschaftlicher Begriffe haben sich verändert und
erscheinen heute verzerrt. So leitet sich das Wort Ressource von source her, der Quelle.
Eine Quelle sprudelt in einem fort, weil sie angeschlossen ist an einen größeren Kreislauf, sie
spendet Fülle und wir können fortwährend aus ihr schöpfen. Was wir „Ressourcen“ nennen, ist
heute etwas, das erschöpft, extrahieren und entzogen wird, um dann weiter zur nächsten Quelle
zu ziehen. Das stößt auf einem endlichen Planeten notgedrungen an Grenzen.
Sieht man sich den Begriff der Investition näher an, so kommt er vom lateinischen
investiere, was soviel wie bekleiden, schmücken oder verschönern bedeutet. Man
investiert in etwas, indem man es besser macht, so wie eine Mutter Liebe und Fürsorge in ihr
Kind investiert, damit es wächst und gedeiht, oder wie ein Handwerker sein Wissen und Können
in sein Werk investiert, um etwas Gutes und Nützliches daraus entstehen zu lassen, was der
Gesellschaft dient. Heutzutage ist diese Bedeutung auf die bloße Steigerung des Geldwerts
reduziert.
Ein weiteres Beispiel ist der oft gebrauchte englische Begriff asset(Vermögenswert), er kommt
vom französischen assez, lateinisch ad satis - zu deutsch ausreichend, genug, im Sinne
von genug haben, um all seine Bedürfnisse decken zu können. Der Kapitalismus von heute kennt
aber kein Genug mehr, es geht um immer weiter steigende Profite, um unendliches Wachstum
auf einem endlichen Planeten.
So kann die Reihe fortgesetzt werden, die „Währung, im Englischen „currency“, kommt von
Fluss, Fließen, auch Umlauf, und stellte sicher, das Geld als Tauschmittel den Fluss von
Waren und Dienstleistungen bedingte, nicht das Anhäufen von Reichtum. Stück für Stück
entschleiert Vandana Shiva die vielfältigen falschen Narrative der heutigen Zeit und setzt ihnen
das Konzept der Fürsorge und der Pflege entgegen, nach dem Vorbild der Natur. Eine
Erddemokratie, die alle Lebensformen mit einschließt, da wir alle voneinander abhängen.
Der Mensch kann nur gesund sein, wenn seine Nahrung gesund ist. Dies bedingt einen gesunden
Boden, der wiederum auf Regenwürmer, die richtigen Bakterien und andere wichtige Erdarbeiter
angewiesen ist. Alles ist vernetzt und miteinander verbunden. Alles arbeitet zusammen und alles
hat seinen Wert, selbst wenn er nicht in Geld gemessen werden kann.
Wir müssen wieder zu einem vernünftigen Umgang mit den uns zur Verfügung stehenden
Ressourcen finden. Soziale und ökologische Aspekte müssen in einer wahren Wirtschaft
miteinbezogen werden. Geben und Nehmen sollten im Einklang stehen, auch mit der Natur.
Wenn wir die Gesetze der natürlichen Kreisläufe beachten und ihr Funktionieren
wiederherstellen, wenn wir den wahren Wert wirtschaftlicher, sozialer und kultureller
Leistungen wieder anerkennen, dann können wir eine Erddemokratie schaffen, bei der wir alle
als eine Erdenfamilie in Fülle und Wohlstand zusammenleben.
Lebendige Ökonomien der Fürsorge auf dem ökologischen Weg der Gewaltlosigkeit zu
kultivieren, das ist wahre Wirtschaft.
Nicht Gier und Geld, sondern Fürsorge und Mitgefühl sind die Währung und der Fluss
des Lebens, die das Netz des Lebens und der Gesellschaft zusammenhalten.
Auf die Frage, warum sie das Buch geschrieben habe, antwortete Dr. Shiva:
Der derzeitige Weg der Menschheit ist eindeutig nicht nachhaltig, weil er das Leben auf der
Erde zerstört. Die Nicht-Nachhaltigkeit und die zahlreichen Notlagen, die die Infrastruktur des
Lebens selbst gefährden, bedrohen zunehmend das Überleben der menschlichen Spezies. Auch
der Mensch ist eine bedrohte Spezies, wie jede andere auch. Eine Zukunft für alles Leben auf
der Erde und für alle Menschen kann nur durch Fürsorge entstehen. Gier lässt nicht genug
ökologischen Raum für alle, während Fürsorge unsere Fähigkeit zum Zusammenleben stärkt.
Deshalb ist Fürsorge die Revolution unserer Zeit.
Wir müssen uns daran erinnern, worum es im Leben geht. Wir haben uns ablenken lassen und
im Laufe einiger Jahrzehnte ist alles zum Objekt, zur Ware geworden. (...) Der gegenwärtige
Krieg gegen die Erde basiert auf der Angst vor dem Lebenden. Es hat viel Gewalt gebraucht, um
das Wissen über das Lebendige zum Schweigen zu bringen. Nahrung verbindet uns alle, und
deshalb müssen wir aufhören, Bauern als bloße Produzenten zu betrachten. Landwirtschaft ist
Fürsorge für die Erde und die Bauern sind ihre Hüter und diejenigen, die wissen, wie man sie
regeneriert.
Wörterbuch der wichtigsten Wirtschaftsbegriffe.
Wie diese Begriffe kolonialisiert wurden, wie sich ihre Bedeutung im Laufe der Zeit verändert
hat, um die lineare extraktive Wirtschaft der Gier und der globalisierten Konzerne
durchzusetzen, und wie wir ihre wahre Bedeutung zurückgewinnen können, um uns eine
Wirtschaft der Fürsorge vorstellen zu können und wieder aufzubauen.
„Kapital (Subs.)
Frühes 15. Jh., »ein Großbuchstabe«, von capital (adj.). Die Bedeutung »Hauptstadt« wurde
erstmals in den 1660er Jahren aufgezeichnet (das altenglische Wort war heafodstol). Die
finanzielle Bedeutung stammt aus den 1610er Jahren (Mittelenglisch hatte chief money
»Hauptfonds«, Mitte des 14. Jahrhunderts), von mittelalterlichem Latein capitale »Lager,
Eigentum«, Substantiv Verwendung des Neutrums von capitalis »Kapital, Haupt, zuerst«.
Der Begriff »Kapital« tauchte erstmals im mittelalterlichen Latein als Adjektiv capitalis (von
caput, Kopf) in Abwandlung des Wortes pars auf, um die Hauptsumme eines Gelddarlehens zu
bezeichnen. Der Hauptteil eines Kredits wurde dem »Wucher« – später Zinsen genannt –
gegenübergestellt, das heißt der Zahlung, die der Kreditgeber zusätzlich zur Rückzahlung der
geliehenen Summe erhielt. Dieser Gebrauch, der dem klassischen Latein unbekannt war, war im
dreizehnten Jahrhundert üblich geworden und hatte möglicherweise schon um 1100 n. Chr. in
den ersten europäischen Städten mit Stadtrechten begonnen. (…) Geld, ein reines Tauschmittel
für reale Waren und Dienstleistungen, die durch reale Arbeit produziert wurden, wird zu
Kapital«, einer geheimnisvollen Kraft zur Schaffung von Wohlstand.
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